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Beschlüsse des Parteivorstandes

Wahlperiode 2014-2016

70. Jahrestages der Befreiung vom Faschismus - 8. Mai soll gesetzlicher Gedenk- und Feiertag werden

Erklärung des Parteivorstandes vom 28. und 29. März 2015

Am 8. Mai  jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa zum siebzigsten Mal. Die Alliierten siegten über den deutschen Faschismus, beendeten millionenfaches Morden, das Leiden und die Verfolgung Andersdenkender, Andersglaubender, Anderslebender. Die Totalität der nationalsozialistischen Rassenpolitik und des Vernichtungskriegs machte aus gegensätzlichen ökonomischen und politischen Systemen Verbündete. Am 8. Mai 1945 endete der gemeinsame Kampf der Sowjetunion und der westlichen Alliierten gegen eine einzigartige Bedrohung grundlegender Werte des Humanismus und der Menschlichkeit, gegen Liberalität und Demokratie.

Die Opfer der faschistischen, antisemitischen und rassistischen Brutalität in den Jahren der Nazi-Herrschaft sind uns heute noch Verpflichtung - gemeinsam zu handeln, aufzustehen gegen den braunen Ungeist, rechte Hetzer, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit oder gegen die Intoleranz neurechter Pegida-Bewegungen. Die Morde des NSU, die Naziaufmärsche und die Hakenkreuz-Schmierereien erinnern uns daran, dass der Schoß, aus dem Nazideutschland, Krieg und Zerstörung erwuchsen, noch immer fruchtbar ist. Das Erstarken rechtsextremer, rassistischer, antimuslimischer und antisemischer Kräfte in Deutschland und in Europa erfüllt uns mit Sorge. Deshalb müssen alle demokratischen und antifaschistischen Kräfte das höchste Gut - Leben in Frieden und Demokratie - energisch verteidigen. Dies gelingt nur, wenn die Gesellschaft zusammensteht - wenn die Politik Projekte gegen Rechts weiter unterstützt und verstärkt fördert, in Schulen qualifiziert Zusammenhänge dargestellt werden, Medien sensibel berichten und aufklären und antifaschistisches und zivilgesellschaftliches Engagement gewürdigt und nicht kriminalisiert wird.

Der Tag der Befreiung ist ein Tag des Gedenkens an die Opfer rassistischer und politischer Verfolgung. Er ist ein Tag des Gedenkens an den antifaschistischen Widerstand. Als LINKE sind wir dem kommunistischen und dem sozialistischen Widerstand historisch besonders verbunden, in dessen Traditionslinie wir uns sehen. Aber wir verneigen uns ebenso mit tiefem Respekt vor allen anderen politischen Strömungen des Widerstands gegen das Hitler-Regime.

Der 8. Mai 1945 markiert den Sieg über faschistische Barbarei und Krieg. Er beendete das millionenfache Morden der Nazis. Damit der 8. Mai als Tag der Befreiung von der faschistischen Barbarei, als Gedenktag für Humanität, Toleranz und Demokratie und als Tag der Erinnerung an die Opfer sowie an die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer in der gesellschaftlichen Erinnerung den Platz bekommt, der ihm gebührt, wollen wir, dass der 8. Mai ein bundesweiter gesetzlicher Gedenk- und Feiertag wird. Schließlich er nicht irgendein Tag in der Geschichte Deutschlands. Er war die Stunde des demokratischen Neubeginns nach dem Scheitern der Weimarer Republik. Vor gerade einmal 30 Jahren sagte Richard von Weizsäcker, dass der 8. Mai für die Deutschen ein Tag der Befreiung wurde. Das Wort "wurde" ist wichtig, denn auch nach 1945 sahen viele Deutsche den 8. Mai einen Tag der "Niederlage". Ein bundesweiter gesetzlicher Gedenk- und Feiertag würde Weizsäckers Diktum in besonderer Weise unterstreichen.

Wir erleben gegenwärtig allerdings auch zunehmend problematische geschichtspolitische Gesten rund um die Jahrestage des Zweiten Weltkriegs. So ist die Bundesregierung offenbar nicht Willens, diesen Tag mit einer angemessenen Gedenkveranstaltung zu würdigen. Die Bundeskanzlerin hält es nicht für notwendig, am 70. Jahrestag an der Gedenkveranstaltung in Moskau teilzunehmen. Wir müssen zu Kenntnis nehmen, dass Bundespräsident Gauck bei einer Gedenkveranstaltung anlässlich des Beginns des Zweiten Weltkriegs die Rolle und die Opfer der sowjetischen Bevölkerung nicht würdigt und stattdessen einer gegen Russland gerichteten Militarisierung der Außenpolitik das Wort redet. Dies nennen wir vor dem Hintergrund der über 30 Millionen sowjetischen Kriegsopfer geschichtsvergessen. Die Erinnerung an den 8. Mai 1945 ist für uns daher auch stets ein Erinnern an die großen Opfer, die die Sowjetunion erbrachte, Europa vor dem faschistischen Terror zu befreien. Diese Opfer waren - was heute oft vergessen oder ignoriert wird - eine Voraussetzung für die Demokratie in Westeuropa ab 1945.

Der 8. Mai ist als Tag des Endes des Zweiten Weltkriegs sowohl antifaschistischer Gedenktag für Demokratie, Humanität und Toleranz als auch Tag der Mahnung vor Krieg als Mittel der Außenpolitik. "Nie wieder Krieg - Nie wieder Faschismus!" - so lautet der Schwur von Buchenwald. Dieser Schwur ist aktueller denn je. Für uns bedeutet die Erinnerung an den 8. Mai 1945 daher stets auch dafür einzutreten, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. Aber wir stellen in großer Sorge fest, dass weder der Schwur von Buchenwald noch die Botschaft des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, Willy Brandt, dass Krieg nicht mehr die "ultima ratio" sondern die "ultima irratio" der Politik sei, für große Teile der politisch Verantwortlichen in Deutschland noch gilt. Für die anderen im Bundestag vertretenen Parteien ist die Kriegsführung wieder zur selbstverständlichen Option geworden. Damit werden wir uns niemals abfinden. Für uns gilt in Erinnerung an den 8. Mai 1945 weiterhin unmissverständlich: Nein zum Krieg!

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