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Beschlüsse des Parteivorstandes

Wahlperiode 2014-2016

DIE LINKE gegen die Bewegung von rechts

Beschluss des Parteivorstandes vom 13. März 2016

Wir sind empört! Empört über den sich ausbreitenden Rassismus in der Gesellschaft. Empört über die verschärften und gewalttätigen Angriffe und Anschläge von rechts auf Asylsuchende und deren Unterkünfte, auf politisch und sozial Engagierte und deren Einrichtungen, auf Medienschaffende, die Zivilgesellschaft, auf als "Volksverräter" denunzierte Politiker aller Ebenen, auf die Gewerkschaften.

Die Lage ist brisant und bedrohlich: Sie gefährdet Menschen - insbesondere jene, die bei uns Schutz suchen - in ihrer körperlichen Unversehrtheit und setzt Grundrechte außer Kraft. Diese Lage stiftet Angst. Sie ist der Nährboden für rassistische Agitation diesseits und jenseits der Parlamente und führt zu einer Spaltung der Gesellschaft. An den Folgen dieser Entwicklung werden wir jahrelang zu tragen haben.

Besonders deutlich sind die drastischen Auswüchse dieser Entwicklung in Sachsen zu beobachten: Hier wurde dem Pegida-"Protest" Hof gehalten. Dem Rassismus wurde nicht Paroli geboten, sondern CDU-Minister, CDU-nahe Wissenschaftler und Repräsentanten staatlicher Einrichtungen verharmlosten Pegida und suchten stattdessen den "Dialog" nicht nur mit den angeblich besorgten Bürgern, sondern auch mit der Führungsgruppe der Hetzern.

Pegida und die dahinter stehenden Gedanken der Ungleichwertigkeit von Menschen, der Chauvinismus und offene Rassismus haben sich längst in der Fläche ausgebreitet hat und gibt das Vorbild ab für eine ungekannte Zahl extrem rechter Versammlungen. Auf über 700 in Sachsen ist diese im vergangenen Jahr gestiegen. Meist richten sie sich unmittelbar gegen Migranten und Muslime. Es handelt sich um antidemokratische Demagogen, die auf den Widerstand engagierter Menschen, zugleich aber auf ein augenzwinkerndes Verständnis aus der Regierungspartei CDU stoßen. Aus deren Deckmasse heraus werden schwere menschenfeindliche Gewalttaten vorbereitet und verübt, deren Anzahl immer weiter ansteigt. Wir haben keinen Grund zu der Annahme, den "Höhepunkt" bereits erlebt zu haben. Noch immer zündeln CDU-Politikern und bedienen die Ressentiments, die bis weit in die Mitte der Gesellschaft reichen.

Sachsen ist nicht zufällig Schauplatz für Eskalationen wie in Clausnitz und Bautzen, sondern Ausgangspunkt und Kernland einer sozialen Bewegung von rechts, die es in dieser Breite in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Teile dieser Bewegung sprechen von einem "Bürgerkrieg" und gründen "Bürgerwehren". Diese Bewegung führt bereits heute einen offenen und aggressiven Kulturkampf gegen die offene, solidarische, soziale und demokratische Gesellschaft und findet ihre Verbündeten nicht nur auf der Straße, sondern in Parteien wie der AfD und ihren Widergängern in den Unionsparteien. Das ist zugleich eine ernstzunehmende Kampfansage an linke Politik, an uns.

Wir erleben in Sachsen gegenwärtig einen massiven Rechtsruck, dessen Ausdruck die gidas und die AfD sind. Allerdings ist diese Entwicklung keineswegs ein plötzlicher "Rechtsruck", sondern es handelt sich um das Ergebnis einer politischen Entwicklung, die seit mehr als einem Vierteljahrhundert unter Aufsicht CDU-geführter Regierungskoalitionen und einer konservativ geprägten Innenpolitik anhält. Die Gefahren werden nicht nur nicht benannt, sondern verleugnet. Wo sie nicht länger verleugnet werden können, folgt daraus erwartungsgemäß - nichts. Auch das zeigt das Beispiel Clausnitz: Plötzlich "gesteht" Ministerpräsident Tillich, dass Sachsen ein Problem mit Rechtsextremismus habe. Das Problem bestand aber schon im vergangenen Jahr, wie eine ganze Reihe aggressiver Blockadeaktionen zeigt, die sich von Clausnitz nur dadurch unterscheiden, den gleichen Ministerpräsidenten nicht interessiert zu haben.

Das Problem bestand auch in den Vorjahren und trat, für alle sichtbar, offen zutage nach der Selbstenttarnung des "Nationalsozialistischen Untergrundes", der in Sachsen einen sicheren Heimathafen gefunden hatte. Das Entsetzen der Landesregierung währte auch damals kurz. So es Maßnahmen als Reaktion auf den NSU gab, war offenkundig keine darunter, die der extremen Rechten geschadet hätte. Dafür wiederholen sich autoritäre Muster: Geworben wird einmal mehr für einen "starken Staat" - also für sich selbst - und für eine zusätzliche Entwertung von Grundrechten, für (noch) besser ausgestattete Un-Sicherheitsbehörden.

Darunter ist eine Polizei, die damals so wenig Fehler an sich selbst eingesehen hat wie jetzt nach Clausnitz - die mitunter aber "robust" einschreitet, wo es darum geht, der extremen Rechten einen Weg auf der Straße zu bahnen. Nahezu alle Protestaktionen gegen gida-Aufmärsche haben in Sachsen Polizeigewalt mit unterschiedlichen Eskalationsstufen erlebt. Man muss sich tatsächlich fragen, ob es nicht in der Führung der sächsischen Polizei und bei deren Beamt im Verhältnis zur Bevölkerung des Bundeslandes überdurchschnittliche Sympathien für die gidas und die AfD gibt. Hinzu kommt der sächsische "Verfassungsschutz", der den NSU aus Gründen, die dringend weiter durch Untersuchungsausschüsse erforscht werden müssen, nicht ausgehoben hatte; der jetzt, wo es darauf ankäme, zuverlässig noch weniger Probleme erkennt als Tillich und folgerichtig keine einzige rassistische Gewalttat verhindern konnte oder verhindern wird. Ähnliche Probleme finden sich bei allen Ermittlungsbehörden im Freistaat.

Das "System Sachsen" ist rechts blind und links dumm. Es versteht sich blendend darauf, weite Teile der Zivilgesellschaft, der antifaschistischen und antirassistischen Bewegung als "Extremisten" zu denunzieren und dadurch konkret zu schwächen, während der rassistische "Protest" als "Asylkritik" vom gleichen Vorwurf befreit und konkret gestärkt wird. In Sachsen treten nicht nur die Gefahren der sozialen Bewegung von rechts offen zutage, sondern auch alles, was sie begünstigt hat und alles, was sonst noch falsch gemacht werden kann. Eben darum können der Neofaschismus und seine rechtspopulistische Vorhut punkten: Weil es ihm so lange so leicht gemacht wurde!

DIE LINKE ist sich einig, dass der Bewegung von rechts eine Bewegung entgegengesetzt werden muss, die auf allen Ebenen für eine offene, solidarische, soziale und demokratische Gesellschaft streitet mittels ebenso solidarischen, sozialen und demokratischen Mitteln. Die Initiative dafür wird nicht von oben, sondern muss und kann nur von unten kommen - gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen, antirassistischen und antifaschistischen Initiativen, mit politisch und sozial Engagierten, mit Gewerkschaften. Wir stehen an deren Seite und lassen uns nicht spalten.

Es ist auch klar - und das darf nicht schöngeredet werden -, dass die Voraussetzungen mancherorts schlecht stehen, dass es viel Mutes und eines langen Atems bedarf. Das sind wir gewohnt und darf uns nicht schrecken: Weil dieser Kampf so bedeutsam ist und er uns von niemanden abgenommen wird, war, ist und bleibt DIE LINKE eine antifaschistische, genauer: die antifaschistische Partei. Sie muss sich jetzt gegen die Aufwärtstendenzen des Nationalismus und Rassismus bewähren. Die Alternative wäre ein Durchmarsch der Rechten und eine lange Nacht der Reaktion, die, wenn sie in Sachsen anbricht, zum Modell für die ganze Republik werden kann. Die Republik kippt, wenn es nicht gelingt, die Bewegung von rechts aufzuhalten!

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