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Beschlüsse des Parteivorstandes

Wahlperiode 2014-2016

Eine neue Etappe der Kuba-Solidarität

Beschluss des Parteivorstandes vom 4. und 5. Juli 2015

Die Partei DIE LINKE bekräftigt ihre Solidarität mit dem sozialistischen Kuba sowie mit den Unabhängigkeitsbestrebungen und Integrationsprozessen in Lateinamerika. Sie unterstützt solidarisch alle Länder und Völker, die sich aus neokolonialer Abhängigkeit, aus Armut, Unterentwicklung und imperialistischer Dominanz befreien wollen und ihr Recht auf eine eigenständige, souveräne und friedliche Entwicklung einfordern. DIE LINKE steht für das Recht eines jeden Landes, seinen Entwicklungsweg selbst zu bestimmen.

Am 17. Dezember 2014 kündigten US-Präsident Barack Obama und der kubanische Präsident Raúl Castro die Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba an. An diesem Tag wurden als ein erstes Zeichen dieser Annäherung Ramón Labañino, Gerardo Hernández und Antonio Guerrero von den Cuban Five aus US-Gefängnissen freigelassen.

Die USA haben nach mehr als 50 Jahren eingestanden, dass ihre konfrontative Strategie gegenüber Kuba, die auch offene Aggression und Terrorismus beinhaltet, gescheitert ist. Präsident Obama hat den Wunsch zur Wiedereinrichtung von Botschaften geäußert, er hat Lockerungen der Handels- und Finanzbeziehungen vorgenommen sowie die Reisemöglichkeiten von US-Bürgern nach Kuba erweitert.

Die Solidaritätsbewegung, linke Parteien, Organisationen und Persönlichkeiten haben über Jahrzehnte mit ihrer politischen und materiellen Solidarität Kuba unterstützt und so diesen historischen Tag mit ermöglicht. Sie haben zudem einen unverzichtbaren Beitrag für die die Freilassung der Cuban 5 geleistet. In seiner Fernsehansprache am 17. Dezember 2014 betonte der kubanische Präsident die Dankbarkeit des kubanischen Volkes: "Die ungeheure Freude ihrer Angehörigen und unseres ganzen Volkes, das sich unermüdlich für dieses Ziel eingesetzt hat, verbreitet sich unter den hunderten von Komitees und Solidaritätsgruppen, den Regierungen, Parlamenten, Organisationen, Institutionen und Persönlichkeiten, die während dieser 16 Jahre ihre Forderungen gestellt und unverzagte Anstrengungen für ihre Befreiung unternommen haben. All jenen bringen wir unsere tiefste Dankbarkeit und Verbundenheit zum Ausdruck."

Die Partei DIE LINKE war und ist - auch über die Aktivitäten ihrer AG Cuba sí hinaus - Teil dieser internationalen Solidaritätsbewegung. Die Mitglieder der LINKEN begrüßen gemeinsam mit allen Kubafreund/-innen diesen politischen und diplomatischen Erfolg des sozialistischen Kuba.

Für die internationale Solidaritätsbewegung beginnt nun eine neue Etappe.

Alte Ziele, neue Methoden

Trotz der ersten Fortschritte in den Beziehungen zwischen den USA und Kuba darf sich die Solidaritätsbewegung nicht täuschen lassen. Ein Ende der völkerrechtswidrigen US-Blockade gegen Kuba ist noch nicht in Sicht. Die Blockade ist ein US-Bundesgesetz, und Präsident Obama benötigt für deren Abschaffung eine Mehrheit im US-Kongress. Es ist nicht absehbar, ob eine neue US-Regierung nach dem Ende der Präsidentschaft von Obama, den begonnenen Prozess der Normalisierung der Beziehungen zu Kuba fortsetzen wird. Die USA sind eine in sich tief gespaltene Gesellschaft.

Die USA halten an ihrem Ziel, einen Systemwechsel in Kuba herbeizuführen, unbeirrt fest. Die Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kubas und die Aggressionen gegen das Land haben nicht aufgehört. In der Erklärung des Weißen Hauses vom 17. Dezember 2014 heißt es dazu unter anderem: "Heute erneuern wir unsere Führungsrolle auf dem gesamtamerikanischen Kontinent. (…) Die Administration wird weiterhin US-Programme umsetzen, die einen positiven Wandel in Kuba fördern (…)." Die USA ersetzen aber nun ihre Politik der direkten Konfrontation gegen Kuba durch eine "Engagement"-Politik, was der politischen Strategie "Wandel durch Annäherung" entspricht.

Die begonnene Annäherung zwischen den USA und Kuba eröffnet Chancen für Kuba, beinhaltet aber auch Gefahren für seinen unabhängigen und sozialistischen Entwicklungsweg.

Während die USA auf Kuba zugehen, verschärfen sie gleichzeitig die Angriffe gegen linke, progressive Regierungen in Lateinamerika sowie gegen internationale Wirtschaftspartner Kubas, insbesondere gegen die fortschrittliche Regierung in Venezuela.

DIE LINKE begrüßt die Initiativen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba. Dieser Prozess zwischen beiden Ländern muss nach den Prinzipien der Gleichberechtigung, der Achtung der Souveränität sowie nach den Regeln des Völkerrechtes und des Wiener Abkommens über diplomatische Beziehungen gestaltet werden.

DIE LINKE wendet sich entschieden gegen alle Versuche der USA, sich in die inneren Angelegenheiten Kubas einzumischen und einen Systemwechsel in Kuba herbeizuführen. DIE LINKE verurteilt alle Angriffe der USA und ihrer Verbündeten auf die Unabhängigkeitsbestrebungen und die Integrationsprozesse in Lateinamerika sowie alle Destabilisierungsversuche gegen linksgerichtete Regierungen in Lateinamerika, insbesondere gegen die demokratisch gewählte Regierung Maduro in Venezuela.

DIE LINKE kämpft gemeinsam mit der weltweiten Solidaritätsbewegung weiterhin für ein Ende der US-Blockade gegen Kuba, für eine Streichung Kubas von der US-Liste terrorunterstützender Staaten (diese Forderung ist bei Antragsschluss noch aktuell und könnte bis zum Parteitag erfüllt sein und dann entfallen) sowie für die Schließung des US-Gefangenenlagers in Guantánamo und für die Rückgabe des von den USA besetzten Militärstützpunktes Guantánamo an Kuba.

Eine neue Kuba-Politik der Bundesrepublik Deutschlands und der Europäischen Union

Die Bundesrepublik Deutschland hält sich immer noch zurück, wenn es um die Entwicklung der Beziehungen zu Kuba geht - obwohl auf diplomatischem Parkett einiges in Bewegung gekommen ist. In weiten Teilen der CDU herrscht nach wie vor ein Klima des Kalten Krieges gegenüber Kuba - ein "Regime Change" in Kuba hat dabei oberste Priorität. Erfreulich sind Entwicklungen in Kreisen der SPD, die mehr Realismus von Seiten der Politik und konkret von der Bundesregierung gegenüber Kuba einfordern. Die Frage bleibt, ob sich die SPD gegenüber ihrem Koalitionspartner bei der Gestaltung einer neuen Kuba-Politik durchsetzen kann.

DIE LINKE wird sich gemeinsam mit der Solidaritätsbewegung verstärkt für die Aufhebung des "Gemeinsamen Standpunktes" der EU zu Kuba - der eine Änderung des Gesellschaftsmodells als Grundlage für normale zwischenstaatliche Beziehungen zu Kuba fordert - sowie für den Ausbau der bilateralen Beziehungen zwischen Kuba und den EU-Mitgliedsstaaten einsetzen.

DIE LINKE fordert von der deutschen Bundesregierung eine neue Kuba-Politik auf Grundlage von Gleichberechtigung, Souveränität und gegenseitigem Respekt, die die Verbesserung, den Ausbau und die Vertiefung der bilateralen Beziehungen zum Ziel hat.

DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, sich für die sofortige Aufhebung des "Gemeinsamen Standpunktes" der EU zu Kuba einzusetzen. Die deutsche und europäische Kuba-Politik müssen aus dem Schatten der US-Politik heraustreten und die ersten Schritte von US-Präsident Obama für eine Verbesserung der Beziehungen zu Kuba bekräftigen und unterstützen.

Solidarität mit dem sozialistischen Kuba

Kuba unternimmt gegenwärtig große Anstrengungen, sein sozialistisches Gesellschaftssystem zu aktualisieren, zu verbessern und gerechter zu gestalten sowie die Ökonomie des Landes effektiv und nachhaltig zu entwickeln. Dabei wird das sozialistische Kuba an seinen politischen Prinzipien festhalten und die Errungenschaften der Revolution bewahren.

Kuba hat sich in den letzten 15 Jahren zu einem anerkannten und gleichberechtigten Partner der lateinamerikanischen Staatenfamilie entwickelt - das Land ist Mitinitiator und treibende Kraft des Integrationsprozesses dieser Region. Konsequentester Ausdruck dieses Integrationsprozesses ist die Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA), zu deren Gründungsmitgliedern Kuba gehört.

2013 hatte Kuba die Präsidentschaft der Staatengemeinschaft CELAC (Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten) inne und war in dieser Funktion im Januar 2014 Gastgeber für das Gipfeltreffen der 33 CELAC-Mitglieder - ein vor wenigen Jahren kaum vorstellbarer politischer und diplomatischer Erfolg. Im April 2015 hat Kuba - gegen den Widerstand der USA - erstmalig am "Amerika-Gipfel" in Panama teilgenommen. Kuba ist international nicht isoliert. Bei den Ländern des globalen Südens genießt Kuba auf Grund seiner internationalistischen Solidarität seit Jahren ein hohes Ansehen. Kuba erhält auch Unterstützung durch die BRICS-Staaten und bietet seinerseits Unterstützung an. Diese fünf Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) wenden sich gegen eine von der neoliberalen Globalisierung und vom "Westen" beherrschten Welt und tragen somit zu einer Veränderung des globalen Kräfteverhältnisses bei. Die BRICS-Staaten eröffnen den Ländern des Südens auf der Basis gegenseitiger Kooperation die Möglichkeit einer eigenständigeren Entwicklungsperspektive, sie treten ein für die Souveränität, über eigene Ressourcen, Märkte und Finanzsysteme selbst zu entscheiden, und helfen beim Erwerb moderner Technologien und Produktionsverfahren, die ihnen die Staaten der sogenannten Ersten Welt verweigern.

DIE LINKE setzt sich als internationalistische Partei für eine friedliche, soziale und solidarische Welt ein. Sie unterstützt gemeinsam mit ihren europäischen und internationalen Partnern jene Länder und Völker, die einen eigenständigen und souveränen Entwicklungsweg beschreiten wollen, der sich gegen die neoliberale Globalisierung wendet.

DIE LINKE begrüßt die Erklärung Kubas, an seiner internationalistischen Politik der Solidarität gegenüber den fortschrittlichen und linken Regierungen in Lateinamerika festzuhalten sowie all jene Länder und Völker solidarisch zu unterstützen, die für ihre Unabhängigkeit und für eigenständige fortschrittliche Entwicklung kämpfen.

DIE LINKE verfolgt mit großem Interesse die innergesellschaftlichen Debatten in Kuba und wertet die Erfahrungen dieses Prozesses für die eigene politische Arbeit aus.

DIE LINKE setzt den unzureichenden, verzerrten und oft falschen Berichterstattungen über Kuba und Lateinamerika in den Medien eigene Informationen, Aufklärungskampagnen und Diskussionsveranstaltungen entgegen.

DIE LINKE wird ihre Solidarität mit dem sozialistischen Kuba, mit den linken Bewegungen und Regierungen in Lateinamerika sowie mit dem Integrationsprozess in dieser Region fortführen.

DIE LINKE wird in allen Parteistrukturen die politische und materielle Solidaritätsarbeit der AG Cuba sí für Kuba und Lateinamerika weiterhin aktiv unterstützen. Für DIE LINKE gilt weiter der Grundsatz: "Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker!"

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