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Beschlüsse des Parteivorstandes

Wahlperiode 2014-2016

Für ein soziales und weltoffenes Hamburg – entschieden gegen ein Olympia des Profits!

Beschluss des Parteivorstandes vom 4. und 5. Juli 2015

Der Parteivorstand DIE LINKE unterstützt den Beschluss des Hamburger Landesparteitages.

DIE LINKE. Hamburg lehnt eine Bewerbung Hamburgs für die olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 entschieden ab. Wir unterstützen das Bündnis "NOlympia Hamburg. Etwas Besseres als Olympia!" und werden uns dafür einsetzen, olympische Spiele in Hamburg zu verhindern. Dabei werden wir auf die Erfahrungen der NOlympia-Bewegungen von München, Wien, London usw. zurückgreifen und arbeiten solidarisch zusammen mit den kritischen Bewegungen in den konkurrierenden Bewerberstädten weltweit.

Viele Hamburgerinnen und Hamburger sind sportbegeistert. Unser NEIN zu Olympia in unserer Stadt richtet sich nicht gegen den Sport, sondern gegen den Missbrauch des Sports und der Sportbegeisterung. Allein die Bewerbung verschlingt mindestens 70 Millionen Euro- das "Versprechen der Wirtschaft", davon 25 Millionen Euro zu übernehmen, ist nicht viel wert, denn schon bei der Hamburger Bewerbung für 2012 musste die Stadt den versprochenen Anteil der Wirtschaft aus Steuermitteln begleichen. Die weiteren Milliarden-Investitionen für Olympia würden auf Jahre wertvolle und knappe Geldmittel binden, die der Hamburger Sport dringend benötigt. Trotz der Dekaden-Strategie Sport des Senats hakt es im Breiten- und Vereinssport in Hamburg gewaltig. Noch immer sind viele Sportanlagen in einem schlechten Zustand, stehen Turnhallenschließungen wie in St. Pauli auf der Tagesordnung - und die einstige Schwimmsport-Hochburg Hamburg hat kaum Trainingszeiten für Kinder und Jugendliche, die ihr Schwimmabzeichen machen möchten. 580.000 Menschen in der Stadt sind Mitglied in einem Sportverein, sehr viele kennen die Nöte und Sorgen des Hamburger Breitensports aus eigenen Erfahrungen. Der Senat sollte dem Hamburger Sport gegenüber seiner Verantwortung gerecht werden, anstatt zu Olympischen Spielen einzuladen. Bei diesen interessieren die Sportler überdies in erster Linie als Werbeträger, denn Medaillen und Rekorde - die häufig genug nur durch zerstörerisches Doping ermöglicht werden - lassen sich am lukrativsten vermarkten.

Das ist schädlich für alle und soll mit einer aufwendigen Werbekampagne verdeckt werden.

Die realen Kosten für die Allgemeinheit haben bei den olympischen Spielen der jüngeren Vergangenheit die zuvor kalkulierten Summen stets in zweistelliger Milliardenhöhe überstiegen, da für das IOC und seine Vertragspartner und nicht für die Interessen der Allgemeinheit investiert wurde. Wir wollen keine weiteren Elbphilharmonien.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist offiziell ein gemeinnütziger Verein, handelt aber als ein auf Profit ausgerichteter Weltkonzern. Die Ursprungsidee hinter den neuzeitlichen olympischen Spielen, mit ihnen zu Frieden und internationaler Verständigung beizutragen, spielt für das IOC keine Rolle mehr. Vielmehr geht es um Milliardengeschäfte, die mit Werbeeinnahmen, exklusiven Sponsorenverträgen (Coca-Cola, McDonalds, Visa, …) sowie Fernsehübertragungsrechten und der Vermarktung der Marke "Olympia" gemacht werden. Das IOC schließt mit den Ausrichterstädten Knebelverträge, so genannte Host-City-Contracts (HCC), ab. Wer auf die Reformfähigkeit des IOC setzt, wird enttäuscht werden. Die Forderungen des Senats nach Bescheidenheit und Nachhaltigkeit werden ins Leere gehen. Das IOC allein bestimmt die Spielregeln.

Der Hamburger Senat versucht, mit Olympia von den sozialen Konflikten und realen Problemen in dieser Stadt abzulenken: wachsende soziale Spaltung, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, hohe Langzeitarbeitslosigkeit, Kinderarmut und kaputtgesparte Infrastruktur (Schulen, Straßen, Gebäude, Brücken etc.). Olympia würde all diese Probleme jedoch noch verschärfen. Olympische Spiele führten bisher in allen Ausrichterstädten zu verschärfter Gentrifizierung, steigenden Mieten, zur Verdrängung sozial benachteiligter Menschen und zur Vertiefung der sozialen Spaltung. Die öffentlichen Mittel, die für die Errichtung der Infrastruktur der olympischen Spiele ausgegeben werden, fehlen an anderer Stelle. Olympia würde die Preise für Grund und Boden hochtreiben, öffentlichen Raum und seine Nutzungsmöglichkeiten weiter einschränken und die Lebenshaltungskosten insgesamt erhöhen - und nachhaltig sind von Gigantismus geprägte Olympische Spiele noch nie gewesen.

Ein Grund für die soziale Spaltung ist der jahrelange Kürzungskurs mit der Politik der Schuldenbremse. Selbst überraschend auftretende Steuermehreinnahmen von rund 420 Mio. Euro werden vom Hamburger Senat in die Schuldentilgung gesteckt, statt sie für die Sanierung öffentlicher Einrichtungen oder zum Erhalt der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst zu verwenden: Hier sollen laut SPD/Grüne-Koalitionsvertrag Jahr für Jahr 250 Arbeitsplätze gestrichen werden. Angeblich fehlen die finanziellen Spielräume für preiswerten Wohnraum - obwohl die SAGA/GWG einen Gewinn von 180 Mio. Euro machte, der allerdings in den allgemeinen Haushalt floss. Für Olympia dagegen scheint Geld keine Rolle zu spielen - dabei ist Olympia ein Milliardengrab. Bei der Bewerbung Londons für Olympia 2012 war man von 4,8 Mrd. Euro ausgegangen. Auf der Schlussrechnung stehen jetzt mehr als 28,1 Mrd. Euro.

Statt milliardenschwerer öffentlicher Investitionen in unzweckmäßige Infrastruktur für ein zweiwöchiges Mega-Event braucht Hamburg heute Investitionen in Inklusion, Bildung, Wohnraum, Verkehr und die Infrastruktur einer funktionierenden Stadt mit wachsender Bevölkerung. In den Sport muss auch investiert werden, aber richtig: In einer Stadt, in der selbst der Senat einen großen Teil der Sportanlagen als verbesserungswürdig einschätzt, wären Investitionen in Großsportanlagen auf dem Grasbrook die falsche Entscheidung.

Die eilige Verfassungsänderung und Einführung eines Bürgerschaftsreferendums, mit dem Volksinitiativen ausgehebelt werden können, bedeutet einen Angriff auf die in den letzten 15 Jahren zum Teil gemeinsam mit Mehr Demokratie e.V. entwickelten demokratischen Mitwirkungsrechte der Hamburger Bürgerinnen und Bürger. Der Rückkauf der Netze, die Schulinitiative, die Änderung des Wahlrechts, die Verbesserung der landesweiten direkten Demokratie und die Einführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden wären wahrscheinlich mit den neuen Regeln nicht zu Stande gekommen.

Olympische Spiele gehen erfahrungsgemäß mit einer massiven Einschränkung demokratischer Grundrechte einher. Bei olympischen Spielen in Hamburg ist zu befürchten, dass ganze Teile der Stadt zu einem großen Gefahrengebiet erklärt würden, um Kritik und die Äußerung politischer Forderungen zu unterdrücken und die Stadt "sauber" zu halten. Alle olympischen Spiele der jüngeren Vergangenheit gingen mit einem gewaltigen Aufgebot des "Sicherheitsapparats" einher. Bisher trauriger Höhepunkt war London 2012, als 7.000 Armeeangehörige in der Stadt stationiert und Flugabwehrraketen auf Wohnhäusern installiert wurden. Ein solcher Ausnahmezustand prägt Städte negativ und bedeutet eine massive Militarisierung!

Hamburg ist - ohne Olympia - eine lebenswerte Stadt mit vielen Potentialen. Der Senat behauptet, mit der Entscheidung für Olympia die Probleme der Stadt besser lösen zu können. Doch das ist falsch, denn mit der Olympiade ginge die Stadtentwicklung in eine falsche, vom Willen der Investoren geprägte Richtung. Es gibt keinerlei Notwendigkeit und Rechtfertigung für das Abenteuer Olympia, das in seinen sozialen und finanziellen Auswirkungen für die Stadt nicht mit Hoffnungen, sondern mit großen Risiken verbunden wäre. Die Erfahrungen und die Analyse der Entwicklung ehemaliger Ausrichterstädte belegen das. Nicht ohne Grund haben sich München, Wien, Krakau, Oslo und Graubünden gegen Olympia entschieden.

Wir fordern vom Senat, dass er sich endlich den wirklichen Herausforderungen unserer Stadt stellt und dem DOSB eine Absage erteilt. Statt milliardenschwerer öffentlicher Investitionen in unzweckmäßige Infrastruktur für ein zweiwöchiges Megaevent setzen wir uns ein für den massiven Ausbau des gemeinwohlorientierten und sozialen Wohnungsbau, des öffentlichen Personennahverkehrs, für die Entwicklung der Bildungs- Sport- und Kultureinrichtungen, für eine nachhaltige Förderung des Breitensports, für den Ausbau von Sozial- und Gesundheitseinrichtungen für alle Menschen, für Abrüstung und Entmilitarisierung von Wirtschaft, Kultur und Bildung und für Bleiberecht und gleiche Rechte für alle. Für ein soziales, ziviles und demokratisches Hamburg - entschieden gegen Olympia.

Wir fordern alle Hamburgerinnen und Hamburger auf: Stimmen Sie beim Olympia-Referendum am 29. November mit NEIN!

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