Antrag G.29: Solidarität mit Rojava
Beschluss des Parteivorstandes vom 3. Oktober 2020
Der Parteivorstand unterstützt den Antrag G.29 »Solidarität mit Rojava« zum Bundesparteitag in Erfurt und stellt die unten markierten Änderungsanträge.
Antragsteller/innen: linksjugend ['solid]
Solidarität mit Rojava/ Nordsyrien. Kampf dem türkischen Großmachtstreben .
DIE LINKE solidarisiert sich mit der Bevölkerung in Rojava/Nordsyrien gegen den Angriffskrieg der imperialistisch agierenden Türkei. Sie verurteilt außerdem jedwede militärische Kooperation anderer Länder mit der türkischen Armee und lehnt den Export von Waffen und Rüstungsgütern in die Türkei und die gesamte Region ab. DIE LINKE fordert konkrete Maßnahmen zur Unterstützung der Zivilbevölkerung vor Ort.
Dazu zählen:
- Medizinische, hygienische und Nahrungs-Hilfslieferungen nach Rojava/Nordsyrien
- Öffnung der Grenzen zwischen der Türkei und Syrien für Hilfslieferungen
- Entsendung medizinischer Hilfe nach Rojava/Nordsyrien, sofern die Sicherheit der Helfern gewährleistet werden kann
- Finanzielle Mittel zum Wiederaufbau der lokalen Infrastruktur
- Gezielte Entwicklungszusammenarbeit zur Minimierung der Folgen der Coronapandemie
DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass ein UN-Tribunal in Nordsyrien eingesetzt wird, das inhaftierte IS-Kämpfer und -Unterstützern unter Anwendung rechtsstaatlicher Mittel und Ausschluss der Todesstrafe anklagt und verurteilt.
DIE LINKE fordert die Bundesregierung auf, jegliche polizeiliche, militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit der türkischen Regierung einzustellen, und die völkerrechtswidrigen Aktionen der Türkei im Norden Syriens zu verurteilen, und sich für eine Versorgung der Menschen vor Ort einschließlich der zahlreichen Geflüchteten und die Aufkündung des EU-Türkei-Deals stark zu machen.
DIE LINKE fordert die Entkriminalisierung kurdischer Aktivitäten in Deutschland. Sie fordert ein Ende der Repression gegen aktive und passive Unterstützer der YPG/YPJ und die Freiheit politischer kurdischer Gefangener. Des Weiteren bekräftigt sie erneut die Ablehnung des PKK- Verbotes in Deutschland und die Forderung nach Streichung von der EU-Terrorliste und den damit verbundenen Einschränkungen für Symbole der kurdischen Bewegung und wirkt auf dessen Aufhebung hin.
Begründung zum Änderungsantrag:
Rojava ist die kurdische Bezeichnung der Region, allerdings leben dort viele verschiedene Bevölkerungsgruppen wie Assyrer, Tscherkessen, Aramäer, etc. und natürlich Araber, durch die Flucht vor dem IS auch noch mehr als vorher. Kernidee des Gesellschaftsmodells der Autonomieregion ist das friedliche und gleichberechtigte Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen, Sprachen und Religionen. Die Verwendung des Namens Rojava als alleinige Bezeichnung impliziert eine Überbetonung des Kurdischen, bzw. eine Vorherrschaft der kurdischen Kultur, die – auch wenn die Initiative für Selbstbestimmung und Selbstverwaltung von der kurdischen Bevölkerung vor Ort ausging und maßgeblich umgesetzt wurde - so nicht im Sinne des Gesellschaftsmodells ist. Auch die Vertretung der Region in Berlin hat sich vor einigen Jahren von zunächst "Vertretung Rojava in Deutschland" in "Vertretung der Selbstverwaltung von Nord - und Ostsyrien" umbenannt.
Der Begriff "Faschismus" ist vielschichtig, hier gibt es unterschiedliche Ansätze der Definition, unter welchen Aspekten das Agieren der türkischen Regierung als faschistisch bezeichnet werden kann oder nicht. Um theoretische Debatten über den Faschismusbegriff in Zusammenhang mit dem Antrag zu vermeiden, wird der Begriff ersetzt.
Die Solidarisierung mit bewaffneten Organen ist nicht vereinbar mit unserem Parteiprogramm. Dort heißt es: "Die LINKE ist eine internationalistische Friedenspartei, die für Gewaltfreiheit eintritt, ob im Inneren von Gesellschaften oder zwischen Staaten. […] Gemeinsam mit Friedensbewegungen und allen friedensorientierten Partnern ringen wir um Wege zu struktureller Gewaltprävention und für einen zivilen Konfliktaustrag." Das heißt, auch vor dem Hintergrund, dass YPG und YPJ sich berechtigterweise gegen den völkerrechtswidrigen Einmarsch der Türkei und zuvor gegen den IS gewehrt haben, können wir uns als Partei nicht mit militärischen Strukturen solidarisieren, sondern nur mit zivilen Akteuren, bzw. zivilen Strukturen.
Seit Jahren treten wir vehement für ein Verbot von Waffenexporten ein. An dieser Stelle Waffenexporte zu fordern, würde unsere bisherigen Positionen unglaubwürdig machen, und unsere Kampagne erheblich schwächen. Daher wird unsere Position gegen Waffenlieferungen im ersten Absatz ergänzt.
Eines der Probleme, weshalb Hilfslieferungen nur schlecht ankommen sind die geschlossenen Grenzen. Auch hier muss Druck auf die Türkei ausgeübt werden.
Die Region leidet sehr unter der Coronapandemie, die zu allen anderen Problemen obendrauf kommt. Hier muss es gezielte Programme zur Unterstützung geben.
Die Akteure selbst vor Ort fordern ein Tribunal unter Führung der UN. Dem sollten wir uns anschließen.
Konkrete Maßnahmen, um Druck gegenüber der Türkei aufzubauen sind wichtig, aber: Als DIE LINKE lehnen wir generelle Sanktionen, insbesondere Wirtschaftssanktionen ab, da sie in der Regel die Bevölkerung treffen, aber nicht die Regierenden. Der Stopp aller Exporte würde vor allem die Bevölkerung leiden lassen und ebenso Auswirkungen auf die Wirtschaft in Deutschland haben. Eine der zentralen Forderungen der LINKEN an die Bundesregierung war die Einstellung jeglicher militärischer, polizeilicher und geheimdienstlicher Zusammenarbeit. Gerade in diesem Kontext sollte die Forderung im Antrag mit enthalten sein.
Nach mehreren Gerichtsurteilen wird die PKK in der EU nicht mehr als Terrororganisation geführt, sondern als in einem bewaffneten Krieg beteiligte Partei.