Seenotrettung darf nicht kriminalisiert werden
Beschluss des Parteivorstandes vom 8. September 2018
Tausende Menschen haben bereits ihr Leben im Mittelmeer verloren. Auf der Flucht vor den Folgen des Klimawandels, vor Krieg, Armut, vor der Missachtung von Menschenrechten und Verfolgung führt ihr Weg meist durch das von Schleuserbanden kontrollierte Gebiet an die Küste Libyens. Um dort nicht an den menschenunwürdigen Verhältnissen in den Flüchtlingslagern zu Grunde zu gehen oder als Sklaven verkauft zu werden, bleibt oft nur die Möglichkeit in eines der Boote zu steigen, die von kriminell organisierten Schleusern zur Verfügung gestellt werden. Die Schleuser nehmen dabei bewusst in Kauf, dass die überfüllten, meist hochseeuntauglichen Boote den Weg über das Mittelmeer nicht schaffen und die Insassen diese Reise nicht überleben werden.
Die Festung Europa schaut derweil zu, schottet sich weiter ab und macht die Grenzen dicht, ein Ende ist nicht absehbar. Legale Wege der Einwanderung werden nicht angedacht. Deutschland plant, sogenannte "Ankerzentren" zu errichten, in denen die geflüchteten Menschen zentral gesammelt werden sollen, um eine schnelle Überprüfung und vor allem Abschiebung zu ermöglichen. Auch in den Ländern Nordafrikas sollen solche "Ankerzentren" entstehen.
Damit soll eine Einreise nach Europa überhaupt erst verhindert werden. Hierfür werden Verträge mit handlungsunfähigen Regierungen, die selbst für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, abgeschlossen; Gelder fließen an diese Staaten, aber die Ursachen für Flucht werden damit nicht aufgehoben, sondern nur nach außerhalb Europas verlagert. Eine Bekämpfung von Fluchtursachen findet nur der Definition nach statt, real werden die Probleme nicht angegangen.
Auch neuere Ideen von der Schaffung sogenannter "Transitzonen", in denen von einer "Fiktion der Nichteinreise" ausgegangen wird, sind Überlegungen die Einreise von Geflüchteten zu verhindern. Dabei geht es darum, dass der Grenzübertritt im Fall der Prüfung einer Zurückweisung nicht als Einreise gilt, solange zum Beispiel der Polizei "eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt".
Anstatt das Schicksal der Menschen, die vor Krieg und Gewalt fliehen in den Blick zu nehmen, werden nun Flüchtende und zivile Rettungsorganisationen kriminalisiert. Rettungsschiffe müssen wochenlang vor europäischen Häfen ausharren, da europäische Staaten das Anlegen der Boote verbieten. Europäische Regierungsverantwortliche brüsten sich mit der konsequenten Verweigerung der Aufnahme von Flüchtlingen auf Rettungsschiffen. Lebensrettung im Mittelmeer wird nun zu einer Straftat. Das unbedingte Recht und auch die Pflicht der Seenotrettung soll ausgehebelt werden. Der übergreifende humanitäre Imperativ, das Leben von Menschen zu retten, die in unmittelbarer Lebensgefahr schweben, muss Bestand haben! Eine Verhinderung von Lebensrettung durch ihre Kriminalisierung widerspricht jeglichem Humanismus und kann nicht geduldet werden.
DIE LINKE steht für eine solidarische Einwanderungsgesellschaft: mit sozialer Sicherheit statt Konkurrenz um Arbeitsplätze, Wohnungen und Bildung. DIE LINKE wird sich weiterhin konsequent gegen jede Asylrechtsverschärfung einsetzen. Fluchtursachen wirksam bekämpfen heißt: Schluss mit der ungerechten Handelspolitik, Waffenexporte stoppen und Kriegseinsätze beenden. Wir treten für die Schaffung legaler Fluchtwege und für offene Grenzen ein.
DIE LINKE solidarisiert sich mit den vielen ehrenamtlichen Seenotrettern und fordert eine sofortige Einstellung von gerichtlichen Verfahren gegen diese. Eine Kriminalisierung von Seenotrettung widerspricht dem Menschenrecht und ist nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Darüber hinaus fordert DIE LINKE umgehend eine zivile, europäisch koordinierte und finanzierte Seenotrettung, möglichst unter dem Dach der UNHCR, um ein weiteres Sterben auf dem Mittelmeer zu verhindern. DIE LINKE begrüßt, dass einige Städte wie Berlin, Bonn, Bremen, Köln oder Rostock sich erklärt haben, Geflüchtete aufzunehmen.
DIE LINKE lehnt deutlich die Schaffung von sogenannten "Transitzonen" und "Ankerzentren", egal ob in Deutschland, Europa oder Nordafrika ab und weist nachdringlich noch mal auf deren menschenverachtende Ausrichtung hin.
DIE LINKE ruft ihre Mitglieder und Sympathisanten dazu auf, sich weiter an den Aktionen "Seebrücke" zu beteiligen und lokale Initiativen zu unterstützen. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Rechtsrucks, ist eine klare Positionierung für ein universelles Bestehen von Menschenrechten wichtig.