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Beschluss 2019/088

Soziales und ökologisches Profil schärfen. Schwerpunkt: Vorhaben nach der Europawahl

Beschluss des Parteivorstandes vom 2. September 2019

Angesichts der bevorstehenden gesellschaftlichen Umbrüche und politischen Veränderungen müssen wir als LINKE an einer Stärkung unserer gesellschaftlichen Verankerung und an einer Weiterentwicklung unserer Strategie und Kommunikation arbeiten. DIE LINKE kann nur dann stärker werden, wenn wir es schaffen, die unteren 40 %, die mit ihrem Einkommen nur schwer über die Runden kommen und die von den Früchten der Reichtumsentwicklung abgehängt sind, Beschäftigte in den wachsenden Dienstleistungen, gewerkschaftlich Organisierte und die solidarisch, sozial-ökologisch orientierten Milieus der lohnabhängigen Mittelklasse zu erreichen.

Unser soziales und ökologisches Profil schärfen und erneuern

Deswegen schlagen wir vor:

  • Eine Offensive für "Arbeit, die zum Leben passt" und für höhere Löhne: Bei den Beschäftigten in der Pflege haben wir durch die Pflegekampagne, in dem wir den Gebrauchswert der LINKEN deutlich und erfahrbar gemacht haben, erfolgreich an Vertrauen und Zustimmung gewonnen. In Zusammenarbeit mit der BAG Betrieb & Gewerkschaft wollen wir Aktivitäten und Material entwickeln, die sich gezielt an Menschen im Niedriglohnsektor richten. Gerade bei Beschäftigten im Handel und in der Logistik können wir als Partei eine stärkere Verankerung aufbauen.
  • Wir wollen die gesellschaftliche Debatte um die Zukunft des Sozialstaates und Digitalisierung vorantreiben: Wir sollten unsere konkreten Forderungen auch stärker mit den drängenden Zukunftsfragen (Zukunft der Arbeit und Kampf gegen Armut angesichts von Digitalisierung und verschärfter weltwirtschaftlicher Konkurrenz)  mit der Perspektive in einer sozial-ökologischen Zukunfts-Wirtschaft verbinden. Am 7. Dezember wird ein Kongress zur Digitalisierung "(k) eine automatische Revolution" in Berlin stattfinden, näheres dazu hier: www.facebook.com/events/850173518686164/. Die Sozialstaats-Debatte wollen wir mit gesellschaftlichen Bündnispartnern in unterschiedlichen Veranstaltungen führen.
  • Linke, fortschrittliche Themen haben in den letzten Monaten zunehmend den öffentlichen Diskurs bestimmt. Forderungen nach anderen Eigentumsverhältnissen, nach Vergesellschaftung überzeugen angesichts explodierender Mieten und massiver Immobilienspekulation immer mehr Menschen als notwendige Antwort auf den Mietenwahnsinn. Die LINKE freut sich, dass die zentralen Kampagnen-Themen des letzten Jahres in der Gesellschaft und der politischen Öffentlichkeit nicht nur angenommen, sondern durch wirkliche soziale Bewegungen und Selbstermächtigung der Betroffenen auch radikalisiert wurden. Es zeigt sich insbesondere in der Wohnungsfrage, dass der Privatbesitz an Grund und Boden und das auf Profit ausgerichtete Geschäft mit dem Wohnen das Haupthindernis bei der Durchsetzung des Grundrechtes auf Wohnen für Alle sind.
    Die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin hat mit dem Beschluss über die Einführung eines Mietendeckels einen tiefen Eingriff in die Eigentumsrechte der Wohnungskonzerne vorgenommen und damit bundesweit eine Vorreiterrolle eingenommen. Die Bundespartei unterstützt die Berliner LINKE und ihre Senatorin darin, den Mietendeckel gegen den Widerstand der Immobilienlobby und anderer durchzusetzen. Sie hilft dabei, die außerparlamentarische Bewegung für den Mietendeckel und die Vergesellschaftung/Enteignung weiter aufzubauen. In beiden Fällen hat DIE LINKE gemeinsam mit der Mieterbewegung eine entscheidende Rolle gespielt. Mietendeckel und Vergesellschaftung werden zu einem zentralen Thema in unserer Mietenkampagne werden. Wir werden unsere Kampagne für bezahlbare Mieten 2020 zu einer großen bundesweiten Mobilisierung gemeinsam mit Mieter-Initiativen und Bündnispartnern weiterentwickeln. Dazu arbeiten wir bei der für September geplanten Gründung eines "Aktionsbündnis Wohnen ist Menschenrecht!" mit.
  • Klimaschutz ist keine taktische, sondern eine existentielle Frage. Der Kampf gegen den Klimawandel wird nur im Konflikt mit Kapitalverwertungsinteressen erfolgreich sein können. Wir müssen die Verantwortung der Super-Reichen und Konzerne in den Mittelpunkt rücken - zugleich aber nicht gegen Forderungen nach ökologischer Landwirtschaft und bewusstem Konsum (durch Veränderung) wenden. "System change" statt "climate change" ist eine Forderung von "Fridays for future". Kapitalismus- und Konzernkritik in der Bewegung für wirksamen Klimaschutz zu stärken und unsere Alternativen zum sozial-ökologischen Umbau stark  zu machen, muss unsere spezifische Rolle in der Ökologiebewegung sein. Dazu beteiligen wir uns insbesondere am Klimastreiktag am 20. September und an der anschließenden globalen Protestwoche bis zum "global earth day" am 27. September. DIE LINKE unterstützt die politische Bewegung, die zum Thema Klima in den Gewerkschaften begonnen hat. Es ist gut, dass die Vorstände fast aller DGB-Gewerkschaften, dazu ermuntern oder sogar aufrufen, sich an den Protesten am 20. - 27. September zu beteiligen. Aber es ist mehr nötig und auch möglich. Wir unterstützen Fridays for Future und andere in der Forderung, dass der DGB und alle Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern an diesem Tag Streikaktionen aktiv durchführen. Die Möglichkeiten und der rechtliche Rahmen für Betriebsversammlungen, BR-Info-Veranstaltungen und auch direkte Protest-Arbeitsniederlegung sind dabei sehr zahlreich.
  • Wir werden in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Gremien und mit der Bundestagsfraktion unser Konzept für einen sozial-ökologischen Umbau weiterentwickeln und mobilisierungsfähig zu machen.
  • Die Stärkung des Öffentlichen stellen wir auch in den Mittelpunkt unserer Antwort auf die wirtschaftliche Krise und den Niedergang der öffentlichen Infrastruktur in den strukturschwachen und ländlichen Räumen. Gerade in den Landtagswahlkämpfen der nächsten Monate ist dies ein starkes Profil der LINKEN.
  • Verbindende Klassenpolitik bedeutet, auch in unserem sozialen und ökologischen Profil klare Kante gegen Rechts zu zeigen. In vielen Ländern Europas konnten rechte Parteien Wahlerfolge erzielen, die den Klimawandel leugnen und auf die sozialen Fragen mit rassistischen Sündenbockerzählungen antworten. In Deutschland steht dafür die AfD, die zunehmend nach rechts rückt mit einem starken neofaschistischen Flügel und andere Kräfte der extremen Rechten. Wir treten weiter für einen Kurs der strikten Abgrenzung ein, der im Idealfall in einer politischen Isolierung der AfD endet. DIE LINKE wird sich Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und allen anderen Formen des Rassismus entschlossen entgegenstellen und an Protesten gegen AfD und andere extreme Rechte beteiligen. Unsere Alternative zu Rassismus und rechter Hetze heißt soziale Gerechtigkeit.

Wir klären auf gegen rechte Parolen und mobilisieren breit gegen rechte Aufmärsche und Aktivitäten, wir unterstützen die Proteste gegen den AfD Bundesparteitag in Braunschweig am 30. November 2019. In der politischen Bildungsarbeit spielt der Kampf gegen Rechts eine wichtige Rolle.

  • Wir wollen im Rahmen unserer bundesweiten Kampagnen noch mehr kommunalpolitische Ansätzeentwickeln unddie Verzahnung der Kommunal- mit der Bundespolitik vorantreiben. Gerade in den Kommunen leisten Linke unter oft schwierigen Bedingungen Großartiges. Das gilt es zu unterstützen. Zudem wollen wir die Kommunikationsstrukturen auf kommunaler Ebene stärken, lokal Engagierte ermutigen, kampagnen- und kommunalpolitische Themen gemeinsam anzugehen, um dadurch vorhandene Synergieeffekte zu nutzen und eine größtmögliche Außenwirkung zu erzielen. Wir entwickeln Rekommunalisierung als strategische Linie für LINKE Kommunalpolitik. Am 2. November unterstützen wir den linken Kommunalkongress in Nürnberg und werden uns über linke Strategien einer Verkehrswende beraten und gemeinsam diskutieren, wie Mobilität mit sozialer Gerechtigkeit zusammenhängt.
  • Organizing ausbauen: eine stärkere Verankerung im Alltag kann den konkreten Gebrauchswert der LINKEN erfahrbar machten. Die Wahlauswertungen zeigen, dass wir in den Stadtvierteln, wo die Kreis- oder Ortsverbände eine aktivierende und organisierende Politik machen, wo es unkomplizierte Möglichkeiten zum Mitmachen gibt und wo sie gesellschaftliche Konflikte offensiv führten, mitunter deutlich bessere Wahlergebnisse verzeichnen. Diese Arbeit, die wir bundesweit u.a. über Bildungsarbeit und Modellprojekte in sozialen Brennpunkten unterstützen, wollen wir gezielt mit einem "Plan Organizing 2020" ausbauen und stärken.

Das friedenspolitische Profil wieder stärker in den Vordergrund stellen

DIE LINKE muss verstärkt für eine Politik von Frieden und Abrüstung, Entspannung und Zusammenarbeit und gegen die herrschende Politik der Konfrontation, Aufrüstung und Sanktionen eintreten und dies in der Öffentlichkeit deutlich machen.

Unser europapolitisches Programm weiterentwickeln

Wir sollten in den nächsten Jahren an der Schärfung unseres europapolitischen Profils arbeiten. Europapolitik muss in der Politik der Partei ein größeres Gewicht einnehmen - und eben nicht nur im Rahmen von Europawahlkampagnen. Dazu gehört, dass die Arbeit unserer Delegation im Europäischen Parlament eine stärkere öffentliche Präsenz erhalten muss. Dies ist nicht nur eine Anforderung an unsere Parlamentarier, sondern die Auseinandersetzung mit der Politik der Europäischen Union, und unsere Initiativen dazu müssen kontinuierlicher Bestandteil unserer Öffentlichkeitarbeit werden.
Volle Kraft und Solidarität für eine starke LINKE in Thüringen und Hamburg

In den nächsten Wochen und Monaten gilt es aber, alle Kräfte auf die Landtagswahlen in Thüringen und Hamburg zu konzentrieren und die Kommunalwahlen in Bayern und NRW vorzubereiten. Es gilt , den Einfluss des Rechtspopulismus zurückzudrängen und unsere Regierungsbeteiligung Thüringen mit dem ersten linken Ministerpräsidenten zu verteidigen. (Nach dem Wahlerfolg in Bremen und der Bildung der ersten rot-rot-grünen Landesregierung in einem westdeutschen Bundesland wäre es auch von bundespolitischer Bedeutung und für die Kräfteverhältnisse im Bundesrat wichtig, die rot-roten bzw. rot-rot-grünen Regierungen im Osten fortführen zu können. Deshalb ist es zentral, die wahlkämpfenden Landesverbände massiv durch die anderen Landesverbände, vor allem personell und durch Mobilisierungen zu unterstützen.)

Aktive Mitgliederpartei und Demokratie stärken

Wir schlagen folgende weitere konkrete Maßnahmen vor:

  • Angesichts der Krise der SPD und der Bundesregierung sind vorgezogene Neuwahlen im Bund nicht ausgeschlossen. Dies wird sich aller Voraussicht nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland entscheiden. Deshalb werden wir zum Ende des Jahres angesichts der dann entstandenen politischen Gesamtlage über die Notwendigkeit eines vorgezogenen Parteitags entscheiden. Dazu gehört ein transparentes und zugleich verbindliches Verfahren zur Entscheidung unserer personellen und strategischen Aufstellung in den kommenden Wahlkämpfen. Dieser Prozess sollte nicht nur allein auf die Wahl der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten zielen, sondern sollte auch zugleich ermöglichen, Ideen und Wege zu diskutieren.
  • Unsere Partei lebt von innerparteilicher Demokratie und lebendiger Diskussion an der Basis. Die notwendige Weiterentwicklung der LINKEN braucht eine aktive und gestärkte Basis. Wir wollen in der Partei eine breite Debatte zur Auswertung und zu den anstehenden Herausforderungen und Aufgaben anstoßen und ermöglichen. Dafür wollen wir in Abstimmung mit den Landesverbänden zu Foren bzw. Ratschlägen einladen, bei denen die Pluralität unserer Partei abgebildet ist. Ausgehend von unserem Parteiprogramm wollen wir uns dabei mit der Frage auseinandersetzen, wie linke Mehrheiten erreicht werden und was wir mit ihnen umsetzen können. Mit Blick auf die aktuelle Wechselstimmung im Land und möglicherweise früher stattfindenden Bundestagswahlen brauchen wir eine breite Verständigung.
  • Auch für noch breitere Teilnahme an den bestehenden Formaten, wie die Kreisvorsitzenden- und Aktionskonferenz am 4. und 5. April 2020 in Düsseldorf, wollen wir werben. Zudem werden wir eine Reform des Parteitages anstoßen, so dass dieser mehr Raum für Interaktionen und gemeinsame Diskussion lässt und sich von der Form des Berichtswesens löst.
  • In den letzten Jahren haben wir einen Schwerpunkt auf Parteientwicklung an der Basis gelegt. Wir wollen die Kommunikationskanäle mit der Mitgliedschaft weiter ausbauen und verstärken. DIE LINKE als aktive Mitgliederpartei braucht eine aktivierende Mitgliederzeitung, die regelmäßig informiert und Debatten in der Partei transportiert. Eine regelmäßige Mitgliederzeitung (wie der im August an alle Mitglieder verschickte DISPUT) kann Denk- und Streiträume erweitern, in denen über DIE LINKE, ihre Aufgaben und ihre Themen diskutiert wird. Wir wollen die aktivierende Kommunikation in die Mitgliedschaft durch bundesweite Telefonaktionen, Massentelefonkonferenzen unter Einbeziehung der Landesvorsitzenden stärken. Regelmäßige Mitglieder-Befragungen, Regionalkonferenzen, Besuche von PV-Mitgliedern in Kreisverbänden, Küchentisch-Gespräche mit Mitgliedern - all dies sind Möglichkeiten uns als aktive Mitgliederpartei weiter zu stärken. Wir brauchen Formate, die informativ für alle und zugleich wertschätzend für einzelne in der Partei sind. Wir werden den Austausch über Erfahrungen und "best practice" einer attraktiven und einladenden Parteikultur vor Ort, über Gewinnung, Aktivierung und Einbeziehung von Neumitgliedern stärken.
    Wir wollen die Kommunikation der Partei in die Gesellschaft und mit sozialen Bewegungen weiter verbessern. Wir haben in den vergangenen Jahren kontinuierliche Gesprächsfäden und -kreise mit Gruppen und Aktiven der sozialen Bewegungen aufgebaut. Links heißt Angriff nach oben: Wir wollen die Kommunikation (u.a. über Social Media) stärker kampagnen-orientiert, gesellschaftliche Debatten treibend, gestalten. Wir greifen skandalöse Zustände und die Korruption der Mächtigen auf, spitzen zu und nennen Gegnerinnen und Gegner einer sozialen, ökologischen und friedlichen Gesellschaft beim Namen.

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