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Beschluss 2018/182

Wahlstrategie für die Europawahl 2019

Beschluss des Parteivorstandes vom 11. November 2018

Ausgangslage

Die Europawahl fällt in die Zeit der Richtungsentscheidungen für die EU und für Europa. Die Rechte mobilisiert. Das neoliberale Lager präsentiert sich als Gegenpol, hat aber in keiner Weise vor, einen neuen Entwicklungspfad einzuschlagen. Verschiedene nationale Regierungen (allen voran Deutschland und Frankreich) haben die EU verstärkt auf eine gemeinsame Militärpolitik ausgerichtet. Die Fonds zur Förderung gleichwertiger Lebensbedingungen stehen (zumindest im bisherigen Umfang) zur Disposition. Die Mittel sollen zu Gunsten von Aufrüstung und Militarisierung der EU (Außengrenzen) umgeschichtet werden. Die Außengrenzen werden "vorverlegt" und militarisiert, Seenotrettung ist faktisch kriminalisiert, tausende Menschen ertrinken im Mittelmeer oder verschwinden in Folterlagern so genannter sicherer Drittstaaten. Durch Privatisierung und Spekulation sind weite Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge verschlechtert und in der Krise, besonders im Bereich Wohnen und Gesundheit. Zehn Jahre nach der Wirtschaftskrise ist der Finanzsektor immer noch nicht reguliert, der Hochfrequenzhandel an den Börsen ist ungebrochen und immer noch lassen sich die Spekulanten ihre Gewinnen von den Finanzämtern verdoppeln; Steueroasen sind immer noch nicht trocken gelegt. Das Klima wird immer noch nicht wirksam geschützt und die Auto-Konzerne betrügen ohne Folgen. Die Jugendarbeitslosigkeit im Süden Europas raubt einer ganzen Generation die Zukunft.

Wenn wir an das Europa denken, in dem wir leben wollen, für das wir kämpfen, dann sieht es anders aus. Wir wissen: Die EU baut auf falschen Verträgen auf, die Wettbewerb vor soziale Rechte stellen. DIE LINKE tritt an, um Europa, um die EU zu verändern. Gegen das Europa der Banken und Konzerne, gegen das Europa von Lohndumping und Privatisierung, gegen das Europa, das Militarismus vor Dialog und Kooperation stellt, machen wir das andere Europa stark: Ein Europa, in dem die Menschen im Mittelpunkt stehen. In dem nicht die Demokratie der Wirtschaft angepasst wird, sondern die Wirtschaft sich am Bedarf der Menschen orientiert. Wir wollen ändern, was geändert werden muss: Wir wollen eine soziale Mindestsicherung und einen europäischen Mindestlohn schaffen, so dass niemand durchs Netz fällt und die Konkurrenz zurückgedrängt wird. Wir wollen dafür sorgen, dass die Regeln für alle gelten, auch für die Großkonzerne. Wo die Gesetze der EU dafür nicht reichen, wollen wir neue schaffen. Wir wollen das Sterben im Mittelmeer beenden und eine gerechte und humane Perspektive für alle schaffen, die zu uns fliehen. Wir legen uns mit den Autokonzernen an, wir wollen die Energie auf erneuerbar umstellen und sie in Bürgerhand bringen, in die Kommunen und Genossenschaften. Wo die EU dem im Weg steht, werden wir sie verändern. Wir wollen sozialen Wohnraum schaffen und die Kommunen stark machen und dafür sorgen, dass regionale, tariflich gebundene Aufträge Vorrang haben vor Billigkonkurrenz. Wo die EU das verbietet, wollen wir sie verändern. Wir wissen: Europa geht anders, geht gerecht, sozial, menschlich, umweltfreundlich. Wir wissen, wir sind nicht allein. Es gibt das andere Europa nicht nur als ferne Vision, es gibt schon heute das Europa von unten. In diesem Europa organisieren sich Beschäftigte der transnationalen Konzerne und kämpfen gemeinsam für ein besseres Leben. In diesem Europa verteidigen Menschen das Wasser gegen Privatisierung und erteilen den Freihandelsverträgen eine Abfuhr. In diesem Europa strecken die Menschen den Geflüchteten die Hände aus und ziehen sie an Bord. In diesem Europa stehen Frauen auf und sagen: Ohne uns steht Europa still. Diese Menschen tragen unsere Politik einer radikalen Veränderung der EU. Wir stehen an der Seite derjenigen, die dort ansetzen, wo die EU fundamental versagt. Ihre Kämpfe um soziale Rechte, Arbeitnehmer*innenrechte und Menschenrechte sind unser Bezugsrahmen für ein Europa von unten.

Es sind die stattfindenden sozialen Kämpfe und zivilgesellschaftliche Initiativen, die die EU grundlegend infrage stellen: Die Ausbeutung durch europaweit tätige Konzerne wie Ryanair, Amazon oder Google werden nicht etwa durch europäische Arbeitnehmer*innenrechte in die Schranken gewiesen, sondern durch wiederständige Belegschaften. Die gnadenlose Austeritäts- und Kürzungspolitik wird durch die Hausbesetzer*innen in Spanien oder die Beschäftigten in Griechenland, die Betriebe in die eigene Hand nehmen infrage gestellt. Die brutale Grenzabschottung der EU wird durch Initiativen wie die Seebrücke, zivile Seenotrettungsorganisationen oder Alarmphone infrage gestellt. Deswegen ist die relevante Frage nicht "mehr oder weniger institutionelles Europa", sondern diese Kämpfe von unten zu stärken und damit eine andere Perspektive einzunehmen.

Die Diskussion um die EU wird bisher weitgehend durch die Frage "bist du für oder gegen Europa?" strukturiert. Diese Trennungslinie spielt den bürgerlichen Parteien in die Hände, weil dahinter grundlegende Fragen über die Ausrichtung der EU und die konkreten Alternativen zurücktreten. Ein äußerer Feind ist immer geeignet, Widersprüche im Innern zu überdecken. So wird besonders von den Parteien, die für wachsende Ungleichheit und Austerität verantwortlich sind, die Bedeutung der EU als Gegenpol zum autoritären Donald Trump betont werden. Aber die Medizin darf nicht der Krankheit gleichen: Gegen den Militarismus und den Demokratieabbau von Trump darf keine Militarisierung der EU und eine eigene militärische Struktur mit mehr Einfluss für die undemokratischen Strukturen in der EU wie Kommission und Rat gesetzt werden.

Mit einer Pro-Europa-Haltung werden medial und in der Selbstdarstellung der Koalitionsparteien die Themen Sicherheit /Frieden und Wohlstand /Wettbewerbsfähigkeit und politische Stabilität verbunden. Dagegen werden Rechtspopulismus, Nationalismus und Trump als Gefahr wahrgenommen. Die Differenzen zwischen CDU und CSU, (FDP, Grünen) beziehen sich weniger auf konkrete Unterschiede bei der Behandlung von Geflüchteten (Seehofer will Auffanglager vor der bayerischen Grenze, Merkel vor der europäischen Grenze) sondern auf die Linie Unilateralismus versus Multilateralismus. Damit steht gleichzeitig die Frage, was und ob in der europäischen Politik noch gemeinsam verhandelt werden kann. Die Schwierigkeiten der herrschenden Politik, eine einheitliche europäische Politik zu definieren, werden medial eher in den Konflikt "Populisten vs. Merkel", "Nationalismus vs. Europa" übersetzt werden. Die Themen Zukunft der Währungsunion, Staatschulden und Austeritätspolitik werden eine Rolle spielen - unter dem Eindruck einer andauernden Krisensituation der EU. Sie werden aber wahrscheinlich nicht die dominante Auseinandersetzungslinie sein. Die Konflikte werden als Widersprüche zwischen Macron und Merkel ausgetragen. Macron, der neoliberale Modernisierer, wird die Figur sein, um die sich ein Diskurs der "Veränderung" gruppiert. Unklar ist, ob er diese Rolle auch in der deutschen Diskussion spielen kann.

Die wahlstrategische Situation wird mindestens gekennzeichnet sein durch:

Auf dem "rechten Pol" aus AfD und CSU, ggf (Teilen der) FDP wird im Tenor "Deutschland zuerst" (AfD: Deutsche zuerst) die Themen nationale Souveränität ("gegen Brüssel"),  Migration, Islam/kulturelle Identität stark gemacht werden. CSU bis AfD werden über "Deutschland darf nicht länger Zahlmeister Europas sein" und ggf. Stimmungsmache gegen "Südeuropäer, die über ihre Verhältnisse leben" sprechen.

Der Pol "Europa als Errungenschaft und Grundlage unseres Wohlstands verteidigen, EU reformieren". Das Lager "für Europa" wird gebildet durch Merkels Union(smehrheit), die SPD sowie die Grünen gebildet. Hier wird - stark abhängig von der gesellschaftlichen Stimmungslage zu Wahlkampfbeginn - mit unterschiedlichen Botschaften und Tonalitäten "mehr Europa wagen","Deutschland braucht Europa, EU braucht ein starkes Deutschland", "soziales Europa" etc. eine EU-positive Richtung eingeschlagen werden: Austeritätspolitik, deutsches Exportmodell und Abschottung gegen Geflüchtete und Militarisierung der EU werden nicht oder so moderat kritisiert, dass die Lagerzuordnung und Konfliktkonstellation nicht durchkreuzt wird.

DIE LINKE gehört zu keinem der beiden Pole. Wir kritisieren die EU, wir wollen einen Neustart der EU, ein anderes Europa, in dem die Interessen der Menschen und nicht die der Konzerne im Mittelpunkt stehen. Es geht nicht um Nationalstaaten oder EU. Wir sind Internationalisten, aber das bedeutet nicht die Zustimmung zu einer Europäischen Union, die sich immer weiter in Richtung eines institutionalisierten autoritären Neoliberalismus entwickelt. Wir wissen, dass die deutsche Regierung in besonderem Maße die Interessen des Finanzkapitals und der Konzerne, insbesondere der deutschen, in der EU vertritt. Wir verteidigen die EU nicht wie sie ist, wir wollen sie verändern. Wir wissen, dass sie auf neoliberalen Verträgen aufbaut, die Ungleichheit und Wettbewerb über soziale und ökologische Kriterien stellt und demokratische Gestaltungsmöglichkeiten aushöhlt.

Eine Aufgabe der LINKEN besteht darin, gegen diese Entwicklung der EU Gegenwehr zu organisieren und zu unterstützen, Gegenmacht zu stärken, die Kritik und Alternativen in die Diskussion zu tragen und dafür zu werben, und so die Bedingungen zu verbessern für eine andere EU. Wir wollen Protest und Aktionen für konkrete Verbesserungen mobilisieren und dies mit der grundsätzlichen Kritik verbinden, und damit auch auf die Kräfteverhältnisse in den einzelnen Ländern einwirken.

Wir wissen: Entweder Europa wird sozial, entweder es gibt einen neuen, gerechten Anlauf oder es geht nach rechts, in Richtung eines autoritären Kapitalismus, der sich eher verbal vom autoritären Modell der Trump-Regierung absetzt. Ein "Weiter-so" ist Teil der Krise. DIE LNKE steht gegen Austerität und Rassismus, gegen soziale Ungleichheit und Abschottung einer Festung Europa. Sie steht für ein soziales, zukunftsfähiges Europa: Das ernst macht mit sozialer Gerechtigkeit, gegen Konzerne und die transnationale Gemeinschaft der Superreichen und für die Beschäftigten, Erwerbslosen, für die Jugend in Europa. Das ernst macht mit Klimaschutz und die Wirtschaft auf ökologische, soziale, tragfähige Füße stellt.

DIE LINKE im Feld von Konkurrenz und Gegnern

Ziel der Union(smehrheit) und der damit verbundenen Medien dürfte es sein, den Pol "pro EU" weitgehend hinter Merkel bzw ihrer/m Nachfolger/in und der Union zu sammeln - und zu versuchen, den funktionierenden Spin "Garantin für Stabilität, Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und offene Gesellschaft" erneut aufzuführen. Die Erfolgschancen hängen von a) der wirtschaftlichen Lage, b) der Wahrnehmung der dann aktuellen Krisensituation in Europa und dem Konflikt mit Trump, c) dem Kräfteverhältnis in der Union und der Stärke der AfD ab.

Die Union ist für DIE LINKE ein Gegner in der Wahl. Sie treibt die Militarisierung voran, sie steht für die Abschottung der Festung Europa - sollte Merkel bereits abgelöst sein, wird diese Konfliktlinie ggf deutlicher sein.

SPD und Grüne werden versuchen, diese Identifizierung von Europa mit Merkel zu durchkreuzen, Konflikte in der Union zu nutzen und eigene Themen innerhalb der Lagerzuordnung stark zu machen. Die SPD wird (mit Unterstützung der Gewerkschaften, die das bereits angekündigt haben) das Thema "soziales Europa" mit einem starken Fokus auf "zukunftsfähige Reformen der EU", Investitionen, Wachstumsimpulse, Digitalisierung und europäische Solidarität gegen rechts stark machen. Aufgrund der gegenwärtigen Aufstellung der SPD, die auf der bundespolitischen Ebene kaum noch wahrnehmbar ist, ist nicht zu erwarten, dass ihre Interventionen hier viel Kraft entwickeln werden. Sie wird als zerstritten wahrgenommen, Veränderung wird ihr nicht zugetraut, weil sie sie auch in der Vergangenheit nicht geschafft hat. Es gelingt ihr nicht, eine Vision zu entwickeln und Veränderungsperspektiven zu entwickeln, die auf Leidenschaften treffen. Man traut ihr keine Wirksamkeit zu. DIE LINKE konkurriert mit der SPD. Sie ist deutlicher in ihrer Kritik und muss sich nicht verbiegen, wenn es darum geht zu sagen, was geändert werden muss, wer schuld ist und wer von den Ungerechtigkeiten in der EU profitiert. DIE LINKE steht für einen glaubhaften Kurs von sozialen Garantien und einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Neustart.

Die Grünen werden die Themen mehr (direkte) Demokratie, Digitalisierung, Klimaschutz und europäische Lösungen in der Asylpolitik stark machen. Sie werden sich ihrerseits als Gegenpol zur Rechten, für Humanismus und einen "fröhlichen pro-EU Kurs" mit sozialen Absicherungen aufstellen. In den vergangenen Wahlen ist es den Grünen gelungen, der SPD als Modell eines alternativen Kapitalismusmodells Konkurrenz zu machen. Besonders im Bereich Klimaschutz und grüner Kapitalismus wird ihr - oft kontrafaktisch zu ihren Beschlüssen - viel zugetraut. DIE LINKE nimmt die Konkurrenz mit den Grünen auf. Wir wissen: Wer sozial und ökologisch will, wer mehr will als eine grün angestrichene EU, ist bei der LINKEN richtig. DIE LINKE macht die Energiewende so, dass nicht die kleinen Leute die Rechnung bezahlen müssen.

Die AfD hat ihre Wahrnehmung als Wirtschaftsprofessorenpartei hinter sich gelassen und spielt nach dem "globalen Playbook" der Rechten: Rassismus, besonders antimuslimischer Rassismus, Hetze gegen Geflüchtete und Nationalismus, antisoziale Forderungen und das Versprechen, es den anderen Parteien "mal so richtig zu zeigen". Sie bindet extreme Rechte und neonazistische Klientel wie eine radikalisierte rechte Version des Neoliberalismus. Sie gewinnt vor allem von der CDU, in zweiter Linie von der SPD. Sie nutzt die Erfahrungen des "gebrochenen Gesellschaftsvertrages" von vielen Beschäftigten und gewinnt damit auch und es gelingt ihr, in Teilen die Enttäuschung von Beschäftigten und Erwerbslosen auf ihre Mühlen zu lenken. Wir machen deutlich: Protest kann links oder rechts sein und das macht den Unterschied. Wir laden alle ein, ihren Protest bei uns und mit uns gegen die Mächtigen zu lenken statt gegen diejenigen, die keine Lobby haben. Wir ziehen eine glasklare, unmissverständliche Linie gegen Rassismus und Ausgrenzung. Soziale und demokratische Rechte innerhalb der EU wollen wir für alle, nicht nur für Menschen bestimmter Staatsangehörigkeit, Religion oder Herkunft durchsetzen.

Der LINKEN steht unbestechlich für soziale Gerechtigkeit, sie legt sich mit Reichen und Mächtigen an und ist eine Lobby für diejenigen, die sonst kaum Lobby haben: auch mit Blick auf die Geflüchtete. Sie formuliert Visionen - und muss zeigen, wie sie umsetzbar sind. Wenn DIE LINKE eindeutig und mit einer Stimme spricht, wird ihr auch Wirksamkeit zugetraut werden.

Die LINKE Vision eines anderen Europas - und konkrete Kämpfe

DIE LINKE hat eine Vision eines anderen, sozial gerechten Europa für alle. In diesem Sinne kämpfe für Europa, für ein Europa, das von der real existierenden EU immer wieder unterlaufen wird. Wir nennen die Probleme und die Profiteure beim Namen und zeigen, was verändert werden muss. Wir zeigen auch, wie das geht.

Wir setzen dort an, wo die Leidenschaften der meisten Menschen liegen: vor Ort, vor der Haustür, im Alltag. Wir kämpfen um eine soziale und demokratische EU nicht abstrakt und auf dem Papier. Wir machen spürbar, was sich ändern kann und was das für das Leben der Menschen bedeutet. Wir schaffen Verbindungen in die Kommunalwahlen und die Landtagswahlen (parallel in Bremen und den nachfolgenden LTW).  Im Mittelpunkt der Kommunikation stehen konkrete Alternativen, die gleichzeitig unmittelbare soziale Interessen, grundlegende Werte und politische Visionen transportieren.

DIE LINKE verbindet grundsätzlich das Eintreten für ein soziales Europa mit scharfer Kritik an der Politik der EU mit Austerität, Neoliberalismus, Jugendarbeitslosigkeit, Grenzregime etc. Wir wissen uns hier eins mit den Menschen, die sich für DIE LINKE begeistern können.

Wir greifen in die Gegenüberstellung "autoritäres oder soziales Europa" aktiv ein. Wir besetzen die gesellschaftliche Stimmung "Europa nicht den Rechten und den Neoliberalen überlassen" offensiv von links. Wir machen Europa anders. Wir sind die Alternative zu Rechtsruck und autoritärem Kapitalismus. Wir lassen uns nicht in die "mehr oder weniger Europa"-Linie drängen, sondern sagen, wie ein anderes Europa aussehen muss.  Wir machen gleichzeitig klar, dass wir der Gegenpol zu Nationalismus und der schärfste Gegner der Rechten sind. Wir verbinden das mit der sozialen Frage und der Kritik der neoliberalen Politik, die den Nährboden für den Aufstieg der Rechten bildet. Unsere Kritik richtet sich vor allem gegen konkrete politische und soziale Missstände, institutionelle Kritik und Vorschläge bearbeiten wir im Wahlprogramm.

Mit dieser scharfen Kritik verbinden wir konkrete und innovative Vorschläge, die an den Ansätzen, was Menschen im Alltag erleben. Wir bemühen uns dabei auch um eine kommunikative Linie zu den Landtags- und Kommunalwahlen. Wir zeichnen ein starkes Bild eines anderen Europas von links und verbinden es mit einer Polarisierung.

Das Image der LINKEN ist nach wie vor stark mit sozialer Gerechtigkeit verbunden. Themen, die für unsere Wählerinnen und Wähler in der Bundestagswahl wichtig waren, stehen weiter im Zentrum. Sie werden für die Europawahl europäisch aufgegriffen und gleichzeitig in ihrer Bedeutung für den Alltag beleuchtet.

DIE LINKE nimmt sich Klimaschutz und sozial-ökologischen Umbau als neuen Schwerpunkt vor.

Thematische Linien:

Gerechtigkeitswende und Umverteilung des Reichtums mit Mindeststeuersatz für Großkonzerne. Wenn der Steuerwettlauf nach unten aufhören würde, wenn die Großkonzerne gerechte Steuern zahlen würden - welche Mittel würden dann eingenommen, was wäre damit machbar? Zum Beispiel der Aufbau der abgehängten Regionen, sozial-ökologischer Umbau, Investitionen in gute Daseinsvorsorge eine Willkommenskultur, die keinen zurücklässt und die Kommunen stärkt statt sie schwächt. Wir investieren in die Menschen und gute Lebensbedingungen, statt die Steuermittel den Finanzmärkten zu übereignen und die Regionen Markt und Freihandel zu unterwerfen. Im Wahlprogramm: Ende der Austerität, Alternativen zum Exportmodell, linkes Investitions- und Zukunftsprogramm.

Was macht uns hier besonders aus: Wir haben Biss nach oben, wir geben uns nicht zufrieden damit, dass die Machtverhältnisse so sind wie sie sind. Während sich Merkel und Macron um 15 oder 50 Mrd Investitionen streiten, die doch keinen Umschwung in der Art des Wirtschaftens bedeuten werden, sagen wir: Wer Menschen vor Profite setzt, hat eine gute Haltung für die Entwicklung von Wirtschaft. Statt mehr Wettbewerb wollen wir mehr Tarifbindung, mehr Mindestlohn, mehr Mitbestimmung, mehr öffentliches Wirtschaften statt Profite der Privaten.

Soziale Garantien gegen Niedriglohn, prekäre Arbeit und Armut mit gerechten europäischen Mindestlöhnen und Tarifbindung. Wir brauchen gemeinsame Regelungen in der EU, die nach unten absichern und den Lebensstandard überall relativ nach oben drücken - auch in Deutschland. Höhere Löhne in Deutschland sind auch gut für Europa. Der deutsche Mindestlohn ist im europäischen Vergleich zu niedrig. Höhere Löhne in Deutschland heißt weniger Stress, mehr Nachfrage im eigenen Land. Wenn der Niedriglohnsektor in Deutschland ein Ende hat, ist das gut für die Menschen in Deutschland und gut für die europäischen Nachbarn. Arbeitszeitverkürzung, unbefristete Arbeit und Investitionen in soziale Dienstleistungen (Bildung, Gesundheit, Pflege) sind die Alternative zu (Jugend-)Arbeitslosigkeit, prekärer Arbeit und Dauerstress.

In der Diskussion um eine europäische Arbeitslosenversicherung sagen wir: nicht aus den Beiträgen der Beschäftigten und nicht, ohne dass abgesichert ist, dass die Superreichen und diejenigen, die von den Finanzkrisen profitieren, ihren gerechten Anteil zahlen.

Klima kennt keine Grenzen. Wir wollen eine dezentrale Energiewende in Europa. Wir machen ernst mit dem Klimaschutz und bauen die Wirtschaft nach sozialen und ökologischer Visionen um: demokratisch und am Bedarf orientiert. Wir formulieren klare Ausstiegsziele, auch für die Kohleindustrie und einen gerechten Übergang für Beschäftigte und Regionen.

Wir wollen kein weiter so, bis wir nicht mehr atmen können, wir kapitulieren nicht vor der Autoindustrie. Wir wollen nicht einen grün angestrichenen Kapitalismus, wir wollen nicht, dass diesselben Mega-Konzerne ihre Windparks in Nordsee und Sahara aufbauen. Wir wollen Energie in Bürgerhand, in Kommunen und Genossenschaften, mit starker Mitbestimmung. Wir stärken die Kommunen und bauen den Öffentlichen Nahverkehr und die Bahnen aus. Wir stärken die Mitbestimmung von Bevölkerung und Beschäftigten, stärken Wirtschaftsdemokratie und Genossenschaften. Wir greifen die Energieprivilegien der Unternehmen an und schaffen Voraussetzungen für Programm gegen Energiearmut.

Links verteidigt die Menschenrechte gegen das Geschäft mit dem Tod: Nein zu Aufrüstung und Militarisierung. Nein zu Abschottung und Grenzzäunen. Die EU braucht keinen Schub der Militarisierung, sondern einen Schub der Menschlichkeit. Die EU hat ihre eigene moralische Insolvenz erklärt (Norbert Blüm), wir stehen für eine solidarische, menschliche und europäische Flüchtlingspolitik. Die Handelspolitik der EU ist selbst Fluchtursache! Wir treten für gerechte Handelsbeziehungen in Europa und zwischen der EU und anderen Staaten ein.

Statt Aufrüstung und Waffenexporte, statt eigene militärische Strukturen und ein eigenes Militärbudget aufzubauen, muss im Mittelpunkt stehen: Menschenleben zu retten, Menschenrechte verteidigen, Waffenexporte verbieten. Wir stehen für Entspannungspolitik mit Russland statt für Eskalation. Wir wollen Brücken bauen nicht für Panzer, sondern für die Menschen.

Die EU muss demokratisch werden: Wir wollen eine Demokratie, in der es etwas zu entscheiden gibt und die Möglichkeiten für kollektiven Selbstbestimmung schafft. Nicht nur auf europäischer, auch auf regionaler und kommunaler Ebene.

Statt die Einwohnerinnen und Einwohner zu bespitzeln und ihre Daten höchstbietend zu verkaufen, wollen wir Big Data in die Schranken weisen.

Markt und Spekulation haben nichts verloren bei Pflege, Gesundheit, Wohnen und den Bereichen, die vor Ort über ein gutes Leben entscheiden. Die Bestimmungen der EU zu Privatisierung, Wettbewerb, europaweiter Konkurrenz und dass Dienstleistungen am Menschen als ganz normale Waren angesehen werden, schadet der Lebensqualität vor Ort. Wir zeigen, wie gerechtes Wirtschaften geht, wir vergeben Aufträge regional, nach sozialen und gewerkschaftlichen Kriterien, wir organisieren die Öffentliche Daseinsvorsorge wieder öffentlich.

Wer sind unsere Botschafter

Der Wahlkampf der LINKEN wird von LINKEN Themen bestimmt sein. Wir setzen auf unsere Kandidatinnen und Kandidaten und auf bekannte Persönlichkeiten der LINKEN, die für unser Bild eines gerechten Europa stehen. Darüber hinaus sind aufgrund der vielerorts gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen auch die LINKEN Kandidat*innen für die Kommunalvertretungen Botschafter*innen LINKER Politik. Ihnen gelingt es inhaltlich durch greifbare Projekte vor Ort, aber auch als Sympathieträger*innen, für politische Inhalte der LINKEN auf europäischer Ebene zu werben.

Unsere Botschafter sind auch: Menschen, die für ein anderes Europa stehen, auch solche aus anderen linken politischen Parteien und Bewegungen in Europa. So können wir als Teil einer internationalistisches Linken Wahlkampf machen, mit Menschen die gegen Rassismus und Ausgrenzung aktiv sind, die Unterschriften gegen Wasserprivatisierung sammeln, die Menschenleben retten, die bei Ryan Air und Amazon für gute Arbeit in Europa kämpfen, die gegen Kohle und gegen die Vernichtung der Lebensgrundlagen einstehen. Euer Kampf ist unser Kampf.

Wahlziel

Wir wollen gestärkt in das Europäische Parlament einziehen. Wir wollen das Ergebnis der Europawahl  2014 deutlich verbessern. Mit dem Bundestagswahlergebnis im Rücken streben wir ein zweistelliges Ergebnis an.

Zielgruppen

Erstens sind für uns die Kernwählerinnen und Kernwähler der letzten Bundestagswahl zu mobilisieren.

Zweitens sprechen wir Menschen an, die nach der Bundestagswahl enttäuscht sind von der Entwicklung der SPD. Besonders unter Gewerkschafterinnen trifft DIE LINKE auf überdurchschnittlichen Zuspruch. Das bauen wir durch gezielte Ansprache und Schwerpunktsetzungen im Bereich der öffentlichen und personennahen Dienstleistungen aus. Gleichzeitig sehen viele aktive Beschäftigte dieses Engagement der SPD wesentlich kritischer. Unser Programm und unsere Kernforderungen treffen hier auf Resonanz, Zweifel an der Wirkmächtigkeit der Sozialdemokratie gibt es genug.

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf grüne Wählerinnen und Wähler, die sich vom neuen "catch-all"-Zugang (Grüner Kapitalismus plus soziale Sicherheit) der Grünen angesprochen fühlen könnten. Besonders im Bereich der jüngeren Wählerinnen und Wähler können wir hier auf Glaubwürdigkeit und Entschlossenheit der LINKEN hinweisen.

Drittens versuchen wir viele der in Deutschland lebende EU-Ausländerinnen und -Ausländer, die hier wahlberechtigt sind, anzusprechen. Mit ihnen machen wir die Europawahl auch zu einer Wahl gegen ein rechtes Europa. Wir streben einen internationalen, kämpferischen Wahlkampf an.

Mobilisierung

Traditionell ist die Wahlbeteiligung bei Europawahlen geringer, es gibt aber Anzeichen, dass ähnlich wie bei den Landtagswahlen seit 2016 auch die Wahlbeteiligung bei dieser Europawahl über der letzten liegen wird.

Wenn es uns gelingt, bis zum Europaparteitag und dann in den Wahlkampf hinein das Bild einer geschlossenen, selbstbewussten Partei zu bestätigen, die klar und glaubwürdig eine Haltung zu Europa, für soziale Gerechtigkeit und Menschlichkeit und gegen rechts vertritt, dann sollte eine mindestens durchschnittliche Mobilisierung unseres Potenzials gelingen.

Die zeitgleich stattfindenden Kommunalwahlen könnten zusammen mit der Europawahl durchaus verstärkende Effekte haben - durch Ergänzung und "mitwählen" der Partei auf allen Ebenen und durch thematische und konzeptionelle Verknüpfungen unsere Angebots von kommunaler und europäischer Politik.

Endlich wird eine gelungene Werbekampagne, die nicht hinter der der jüngsten Bundestagswahl zurückfallen sollte, ebenso mobilisierend wirken wie das entschlossene, leidenschaftliche Engagement unserer Spitzen.

Die Mobilisierung der Mitglieder erreichen wir nur, wenn wir inhaltlich, programmatisch einfach und klar artikulieren, wohin die Partei in Europa will. Wir greifen die Leidenschaften der Menschen auf und suchen sie dort auf, wo diese "zuhause" sind. Direkte Ansprache, aufsuchender Wahlkampf statt "Komm-Strukturen" und eine Dynamik, die bis zum Wahltag anhält, wird ermöglichen, Umfragewerte in tatsächliche Wahlergebnisse umzusetzen.

 

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